Entenmama im Kampfmodus und unglaubliche Brutplätze

Bei herrlichem Aprilwetter trafen wir uns mit zwei NABU – Ehrenamtlichen und Vogelexperten
Krzysztof und Anika zur Führung um den Öjendorfer See.
Regen, ziemlich kalt und auch windig nach tagelang viel zu warmem Sommerwetter. Aber Regen
ist wichtig und so stapften wir los.
Kaum gestartet, erklang einer von noch vielen folgenden Warnrufen aus dem Gebüsch, die
Krzysztof und Anika eindeutig zuordnen konnten, obwohl sie sich so stark ähnelten zum Teil!
Hochinteressant. Diesmal also der Zilpzalp!
Dazu erfuhren wir, dass nicht nur er als Wald- und ParkVogel auf dem Boden brütet! Versteckt
zwischen Laub und Altholz! So sehr mir dies von Feld – Wiesen – und Wasservögeln
beziehungsweise Möwen bekannt war, so wenig doch von den Vögeln im Wald. Sehr spannend.
Leider habe ich vergessen, welche Arten es neben dem Zilpzalp noch waren.
Dann beschäftigten uns die Mönchsgrasmücken. Auch hier meine ich wieder Warnanrufe. Sie
hatten sich besonders auf beiden Seiten des Weges in großen EibenBüschen ausgebreitet, dort
war eindeutig ihr Revier. Ein Mönchsgrasmückenweibchen saß minutenlang reglos in der Eibe
und wir konnten sie fantastisch beobachten, bis es ihr langsam reichte und sie wegflog. Übrigens
erkennt man weibliche Mönchsgrasmücken daran, dass sie eine braune Kappe auf dem Kopf
tragen und nicht eine schwarze wie die Männchen.
Noch etwas Unbekanntes!:Die Grasmücken heißen gar nicht Grasmücken, weil sie irgendetwas
Mückenhaftes an sich haben, warum oder wie auch…
Es geht vielmehr um die Eigenschaft dieser niedlichen Vögel, durch niedrige Sträucher und
Gebüsche zu schlüpfen. Im Althochdeutschen bedeutet die Silbe, Gra =grau und schmücke
bedeutet schlüpfen! So kann man es also direkt als Grauschlüpfer übersetzen, grau natürlich
wegen des überwiegend grauen Gefieders. Ich liebe solche Erkenntnisse!
Der Öjendorfer See und Park ist ein großartiger Lebensraum für eine große Anzahl an Vogelarten
inklusive Wasservögeln.
Entstanden nach dem zweiten Weltkrieg, weil hier Sand für die Horner Marsch abgetragen wurde.
Einen Zufluss hat der Öjendorfer See dann durch den nahegelegenen Schleemer Bach künstlich
erhalten. Was ich auch ganz unglaublich fand, war, dass früher der ganze(!)See wohl jährlich
regelmäßig abgelassen wurde, um unter anderem die Karpfen abzufischen! Ein wirklich ziemlich
großer See, müsst ihr euch vorstellen! 1 km lang und 300 oder 400 m breit (?), mit Inseln in der
Mitte!
Ich kannte es aus Kindheitstagen nur von unendlich viel kleineren, speziell angelegten
Fischteichen in der Nordheide.
Es gibt hier nicht nur den großen Öjendorfer See, sondern auch eine Park und Waldlandschaft um
den See herum. EIN großer Baum schenkt dabei nicht nur vielfältige Nahrung durch die vielen
Käfer, Raupen und Spinnenarten, die in seiner Rinde leben, sondern auch Versteck – und
Brutplätze in unterschiedlichen Höhen. Manche Vögel brüten gerne weit oben, andere in der
Mitte, wieder andere eher tief, wie zum Beispiel auch die Mönchsgrasmücke oder ich meine auch
der Zaunkönig in den für die Vögel genauso wertvollen Sträuchern.
In diesen lässt es sich natürlich durch den verzweigten, dichten Bewuchs ganz hervorragend
brüten und verstecken.
Apropos brüten: neben der für mich total neuen und spannenden Erkenntnis, dass diverse
Waldvögel auch auf dem Boden brüten- liebe Leute, leint eure Hunde an..-, haben wir
Unglaubliches über die Blaumeise erfahren.
Es gibt wohl kaum einen Vogel, der so kreativ und flexibel und ungewöhnlich brütet wie sie. Nicht
nur in Fledermauskästen, die statt eines Loches einen Spalt zum Einflug haben, wurde sie
gesichtet, zu Ende unserer fantastischen Führung zeigte Anika uns einen völlig harmlos
aussehenden Metallpfahl, wo sie uns irgendwas zeigen wollte. Wir schauten ratlos auf den
Metallpfahl. Vielleicht ahnt ihr schon etwas? Ganz unten im Metallpfahl war ein wenige Zentimeter
hoher Spalt, da der Pfahl nicht mehr der Jüngste war. Hinter diesem Spalt sah man eigentlich gar
nicht so viel Hohlraum, trotzdem muss die von Anika dort beim Herausfliegen beobachtete
Blaumeise da irgendwie Ihr Nest hineingequetscht haben. Unfassbar.
Ebenso unglaublich dann die Erzählung von Krzysztof, dass Blaumeisen selbst in Schranken, also
nicht in dem stillstehenden Teil, sondern in dem, der hoch-und runtergeht, beim Brutaufziehen
beobachtet wurden !!
Wir waren einigermaßen sprachlos.
Auch zur Verteidigung der Brut, ob nun noch im Ei oder schon als unfassbar süße 17-köpfige
flauschige Entenkükenschar gab es noch spannende Erlebnisse.
Weit entfernt am anderen Ufer des Sees im Schiff brütete Mutter Schwan. Kaum blieben wir auf
dem Steg, wie gesagt, auf der gegenüberliegenden Seite des recht breiten Sees für Hamburger
Verhältnisse, stehen, machte sich Vater Schwan zu uns auf den Weg. Leicht aufgestellte Flügel,
also leichte Drohung, auch wenn da noch mehr geht. Daneben war wohl aber das Interesse an
etwas Essbaren, welches den Wasservögeln hier – leider – immer wieder von Park Besuchern
gegeben wird, seine Hoffnung.
Wasservögel sollen definitiv nicht mit Brot gefüttert werden, was viele Menschen noch nicht
wissen, ich bin früher mit meinem Opa auch immer gern die Entchen füttern gewesen. Aber: Brot
gehört überhaupt nicht zum normalen Speiseplan von Wasservögeln! Vor allem des Salzes wegen
ist es total ungesund für diese Tiere, selbstverständlich auch, wenn es schon Schimmel angesetzt
hat und es kann sogar zum Ersticken der Türe führen, wenn es trockenes Brot ist, welches dann
im Magen aufquillt und auf zu stark auf die anderen Organe drückt.
Das andere große Problem ist, dass das von den Tieren nicht aufgelesene Brot im Wasser zu
Boden sinkt. Dort beginnt es, sich zu zersetzen und bei diesem Prozess wird wertvoller Sauerstoff
im Wasser verbraucht! Mit ein Grund dann dafür, dass Fische sterben in diesen Teichen und
Seen.. Also: erfreut euch so am Verhalten dieser Tiere, beobachtet sie, und lasst sie gründeln und
nach Nahrung tauchen, die Enten und Gänse finden genug natürliche Nahrung und wir schaden
ihnen und den Fischen sowie der gesamten Ökologie im See mit unserem Brot.
Zunächst machten wir uns auch noch Sorgen um den Schwan, da ihm ein feiner Faden aus
beiden Seiten des Schnabels bis zum Wasser hinunter hing.
Ein wirklich großes und für die Tiere furchtbares Problem sind im Öjendorfer Park feine
Angelschnüre sowie auch Schnüre von Drachen, die sich im Schilf, in den Bäumen und im See
verfangen und den Wasservögeln und zum Teil auch anderen Vögeln einen qualvollen Tod
bescheren.
Von den NABU – Ehrenamtlichen häufig schon entdeckt.
So ist neben der Säuberung der Nistkästen die Entfernung dieser todbringenden Schnüre eine
weitere wichtige Aufgabe der in diesen Naturgebieten aktiven NABU-Gruppen.
Wie schade, dass man so oft vergisst, dass man als Mensch nicht das einzige Lebewesen auf der
Erde ist, welches eine Daseinsberechtigung hat.
Und was für Folgen das eigene Handeln so haben kann.
Aber hier ist natürlich auch Information sehr wichtig.
Krzysztof konnte dann für diesen Schwan glücklicherweise Entwarnung geben, die feinen Fäden
waren feine Fäden von Wasserpflanzen, die er beim Gründeln aufgenommen hatte.
Dann konnten wir live den absoluten Mutterinstinkt einer alleinerziehenden Entenmama erleben.
Laut Krzysztof handelte es sich sehr wahrscheinlich um den Vater der Kinder, der in diesem
Stadium allerdings bei Familie Ente nichts mehr in der Nähe der geschlüpften Brut zu suchen hat
und in dessen Gefieder die Entenmama immer wieder hineinbiss und eine ganze Weile gar nicht
von ihm abließ.. Es war ein krasser Kampf, der uns richtig mitnahm.
Irgendwann verstand der Entenvater das dann und flog weg, Entenmutter aber hinterher, die
unglaublich niedliche, flauschige, riesengroße Schar von sage und schreibe wohl 17 Küken! war
kurz alleine, aber die Mutter kehrte auch richtig schnell wieder zurück. Das habe ich noch nie so
erlebt, dass eine Enten Mutter so ihre Kinder verteidigt, zumal mir nicht bewusst war, dass auch
der Vater in den Kreis der Bedrohung eingeschlossen wird bei den Enten.
Da sich unsere Körpertemperatur dann so langsam der Außentemperatur annäherte,kehrten wir
so langsam um und lernten am Schluss noch was Tolles Neues: Anika hatte wunderschöne,
verschiedene Federn mitgebracht, von Schwan oder Silberreiher, eine kleine, wunderschöne
Feder eines Eichelhähers und zwei große, braun weiß gestreifte Federn. Diese galt es, genau zu
fühlen, was bei den Eisfingern schwierig war, aber ging noch so ein bisschen.
Was war der Unterschied zwischen diesen braun-weiß-gestreiften Federn?
Die eine Feder war eher fest, wenn man sie hin und her schwenkte, merkte man den
Luftwiderstand. Hier handelte es sich um eine Bussardfeder, liebe Anika, korrigiere mich, wenn
das nicht stimmt. Die andere Feder: farblich und auch von Größe und sonstiger Form her sehr
ähnlich: deutlich weniger fest, noch samtiger und zarter. Warum? Es handelte sich um die Feder
eines Waldkauzes!
Das muss so, weil der Waldkauz ein Nachtjäger ist und lautlos angeflogen kommen muss, wobei
ihm diese wunderschönen, weichen und zart gebauten Spezialfedern helfen. Einfach fantastisch,
so eine Feder überhaupt und wie sich die Federn in ihrer Funktion dann auch noch spezialisiert
haben. Ich bin immer wieder begeistert.
Auch durften wir noch wirklich wunderbare und wie ich finde, sehr niedliche Berichte aus
Nistkästen im Winter erfahren.
So hatte sich einmal eine kletterfreudige Maus ihren Wintervorrat von diversen Kastanien (?) In
einem Nistkasten angelegt, und einmal wurden unglaubliche 20 Zaunkönige beim Herausfliegen
im Winter beobachtet, man stelle sich also einen beeindruckenden, flauschigen Ball aus 20
Zaunkönigen vor, die sich im Winter dort zwecks Verringerung des Energieverbrauchs gegenseitig
wärmen. Unglaublich.
Vielen, vielen Dank, Anika und Krzysztof , für diese fantastische Führung!